Tuesday 29 March 2011

Bürgerkrieg in Braunschweig

Nach ewiger Zeit des Wartens stand am 20. März endlich mal wieder ein Auswärtsspiel auf dem Programm. Der Heimrekord war zu diesem Zeitpunkt schon fast in trockenen Tüchern. Hansa gastierte bei Spitzenreiter Eintracht Braunschweig. Doch wieder einmal wurde es eine Demonstration, warum Fußball oft keinen Spaß macht:

Ein ultragigantisches Polizeiaufgebot sollte  das "Hassderby zwischen den Erzrivalen Rostock und Braunschweig" absichern. Wer ist denn bitte Braunschweig? Und seit wann sind das unsere Erzrivalen? Aber zu denen zählen ja mittlerweile ALLE Vereine (außer Hessen Kassel und die Stuttgarter Kickers;-))
Hin wie num, gefühlte 3000 Polizisten sollten dafür sorgen, das gut 2000 Rostocker keinen Unfug machen. Schon am Bahnhof wurde man in Empfang genommen und jeder Möglichkeit beraubt, Bahnhof oder gar Stadt zu erkunden. Stattdessen standen etliche Busse für den Abtransport parat. Soweit, so normal.  Auch ein Kamerateam hatte sich am Bahnhof eingefunden. Die mordenden und brandschatzenden Ostdeutschen wollte man sich und dem Zuschauer nicht entgehen lassen. Ich plauderte ein wenig mit diesen Gestalten. Ich klärte sie darüber auf, dass wir keine Fußballfans seien, sondern sogenannte Fußballfans. Zudem bemerkte ich, dass wir ja was plattmachen würden, es aber an attraktiven Zielen in Braunschweig mangele. Das entlockte ihnen zumindest ein Schmunzeln. Den anschließenden Bericht verissen sie trotzdem. Aber auch das kam nicht unerwartet.

Hätte man auf die 25 Turtels in voller Kampfmontur pro Bus verzichtet, es hätte vermutlich ein Viertel der Fahrzeuge gereicht und schon hier hätten tausende Euros gespart werden können. Aber Westbusse sind anscheinend recht gefährlich. Ein Glück hat DEIN Freund und Helfer auf uns aufgepasst. Die Fahrt dauerte gefühlt bis zum Nordpol, aber unmittelbar davor kam doch noch das Stadion. Wieder komplett abgesperrt.  Immerhin konnten die Wessis mal ein paar Ostdeutsche bestaunen. Auf der Tribüne kursierten schnell Gerüchte über mögliche Gewaltaktionen behelmter Horden gegen unschuldige Vorpommernbauern und andere Reisende von der Ostsee. Wo? Natürlich in Stendal. Leider bewahrheiteten sich diese später. Die Staatsmacht hatte also (wieder einmal) versucht, ein Stendal-Revival zu provozieren.

Gespielt wurde auch noch. Aber von Hansa  nicht sonderlich gut. Entsprechend verlor man 2:1. Nun folgte schon der Heimweg. Der war jedoch nicht besser als der Hinweg. Am Bahnhof angekommen, wurden wir erneut eingekesselt. Der Tunnel zu den Gleisen war gesperrt, was einige vermutlich die Heimfahrt gekostet hat. Die Wachtmeister vorne wussten nichts von den Aussagen der hinteren - und umgekehrt. Versorgungsmöglichkeiten gab es auch nicht, warum auch bei drei + x Stunden Reise. Schließlich wurde der Tunnel geöffnet, dafür aber die Gleiszugänge gesperrt. Kurz darauf war auch dieses Problem gelöst. Nun konnte der Reisende immerhin zu seinem Zug. Versorgen war immernoch unmöglich - selbst als komplett neutral gekleidetes Individuum.  Doch freundlicherweise half hier ein Braunschweiger, der mich mit Gummitieren und Cola versorgte und sogar das Wechselgeld auszahlte. Danke an dieser Stelle. Der Zug fuhr bald darauf los und ich war den Wirren des Bürgerkriegs gerade noch einmal entkommen. Im Fernsehen sah man dann, wie sich die Beamten freuten, die komplette Zerschlagung der Stadt Braunschweig verhindert zu haben. Ihr Konzept, Stärke zu zeigen, war glücklicherweise aufgegangen.

Kosten? Vermutlich einige Millionen Euro, Steuergeld versteht sich. Für ein Drittligaspiel mit zwei Mannschaften die normalerweise kaum Berührungspunkte haben. Aber wer Portugl und Griechenland am Leben halten kann, hat vermutlich auch das übrig.

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