Es war im Februar, als es mich einmal mehr in den Raum Frankfurt verschlug. Die Mainmetropole sollte im Jahr 2013 eines meiner Hauptreiseziele werden. Diesmal war den Spieltagsplanern ein ganz besonderer Clou gelungen, spielten doch Hansa am Freitag in Wiesbaden und die Saale Bulls am Sonntag in Frankfurt. Das schrie geradezu nach einem legendären Wochenendtrip und genauso sollte es kommen. Dabei spielten, nur teilweise überraschend, auch Tiere eine große Rolle.
Begleitet wurde ich von meinem Bruder Nico. Die Hinfahrt traten wir im Fernbus an und dabei leisteten uns auch Maxi und ein gewisser Steffen Gesellschaft. Dieser kommt aus der schönsten Landeshauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns und trinkt manchmal Alkohol. Die Hinfahrt verging wie im Schlaf. In Frankfurt angekommen, war erstmal Shopping angesagt. Die Liebste zog es in den örtlichen Primark. Erstmals machte ich dabei Bekanntschaft mit der beeindruckenden Einkaufsstraße Zeil.
Nach der Shoppingtour verabschiedete sich Maxi zu ihrer Freundin nach bei Heidelberg und Nico und mich zog es gen Wiesbaden. Vorher mussten wir aber noch einen Stop in Mainz einlegen. Dort wohnte nämlich die Couch, die uns des Nächtens beherbergen sollte. Begrüßt wurden wir am Bahnhof von Christian, der uns zur Wohnung begleitete. Hansa-Hools sollten jetzt lieber für einen Moment weglesen, wenn ich erzähle, wie ich diese Unterkunft gefunden hatte: Während der Suche nach einer Couch stolperte ich über jemanden, der das Millerntorstadion von Scheiß-St.-Pauli auf seinem Profilbild hatte. Kurzerhand schrieb ich an und erklärte, dass wir Hansafans seien, aber durchaus auch tolerant gegenüber anderen Vereinen. Wir kamen ins Geschäft. Die Realität war dann gar nicht so schlimm: Die WG bevölkerten ein Chemie-Leipzig-Fan, ein Jenaer (der mit dem Paulibild) und ein Bremer. Ein zotteliger Engländer war auch noch da. Aber hey, es ist letztendlich doch nur Fußball.
Gemeinsam mit Christian und dem Engländer ging es dann nach Wiesbaden. Dort sorgten sogenannte Polizisten einmal mehr für unnötige Wanderungen, doch kurz vor dem Anpfiff waren wir im schönen Fußballtempel. Wirklich voll schön da. Die ca. 3000 Zuschauer verteilten sich fair auf beide Mannschaften. Das Spiel war so beschissen wie die ganze Saison. "Lang und weit bringt Sicherheit" sag ich nur. Es kam wie es kommen musste. Irgendwann in der zweiten Hälfte landete eine Flanke im Hansastrafraum direkt vor uns. Der Wiesbadener Stürmer konnte sieben Meter vor dem Tor vier mal über den Ball hauen, ohne gestört zu werden und bekam dann noch einen fünften Versuch. Den haute er dann souverän rein. Entstand 2:1. Kotz.
Doch die Talsohle des Wochenendes war damit durchschritten. Zügig ging es zurück nach Mainz. Unterwegs sammelten wir ein paar Bier ein und in der WG drehten sich die meisten Gespräche um den Ball, der die Welt bedeutet. Später am Abend überkam uns noch die Ausgehlust und wir zogen in einen Kölschkeller im Mainzer Zentrum. Dort trafen wir auch den oben abgebildeten Plüschpinguin. Dieser rauchte und soff, als gäb's kein Morgen und ließ sich weder durch gut Zureden noch durch Schläge davon abhalten.
Am nächsten Morgen versicherten die Jungs unisono, nichts zum Frühstück zu haben. Kein Problem, wir sind ja erfolgreiche Jäger. Anschließend drehten wir eine Runde durch Mainz: Dom, Altstadt, Garnison und natürlich das an der Garnison liegende "Burgstadion" (siehe Archivbild). Eine durchaus sehenswerte Stadt. Anschließend ging es zurück nach Wiesbaden, auch dort stand eine Touri-Tour auf dem Plan. Während einer Runde durch die Stadt wurde das Wetter zunehmend schlechter und wir verzogen uns erstmal zum Italiener. Im Anschluss fuhren wir noch eine Runde mit Linie 1. Diese kommt an allen wichtigen Sehenswürdigkeiten vorbei und ist deshalb für kurze Besuche in der hessischen Landeshauptstadt besonders zu empfehlen. Die Hauptstadt von Rheinland-Pfalz gefiel uns trotzdem besser.
Die nächste Station war dann schon Frankfurt. Dort machten wir Bekanntschaft mit dem Hostel 5 Elements, welches ich für günstige Übernachtungen in FFM nur empfehlen kann. Malerisch gelegen mitten im Rotlicht-Milleu, sind es jeweils nur wenige Wanderminuten zum Mainufer oder zur Haupteinkaufsstraße. Der Bahnhof ist sowieso in Sichtweite. Wir begannen unseren Aufenthalt mit einem Kinobesuch. "Stirb langsam 5" stand auf dem Programm. Die Kinomacher begannen mit einer besonders ausgebufften Technik: Schwarzes Bild auf schwarzem Grund, nur der Ton lief. Wird sich nicht dauerhaft durchsetzen, denke ich. Der Film war dann, wie man "Stirb-Langsam-Filme" kennt - ruhig, besinnlich, realistisch und mit schönen Naturaufnahmen. Die einzig unrealistische Situation war unserer Meinung nach, als die Jungs in einer Nacht von Moskau nach Tschernobyl fuhren und noch vor Sonnenaufgang ankamen. 1000 Kilometer. In weniger als einer Nacht. Auf russischen Landstraßen. Is klar, nech?
Nach einer kurzen Erfrischung im Hostel sollte die Partynacht beginnen. Aus Gründen entschieden wir uns, nicht direkt vor der Haustür zu feiern, sondern uns auf den Weg nach Sachsenhausen zu machen. Die Wegbeschreibung der Hostelmitarbeiterin war eher schwammig und beschrieb ein ca. 20 Quadratkilomter großes Gebiet am anderen Ufer. Wir zogen los, ohne genau zu wissen, wonach wir eigentlich suchten. Eine Stunde und einen Döner später fanden wir es aber: Ein kleines Gebiet, in dem sich Kneipe an Pub an Club reiht. Nach zwei eher semi-erflogreichen Kneipenversuchen landeten wir schließlich im Irish Pub. Dieser war auf englische Art gefüllt - ein Gefühl das Nico bisher nicht kannte. Schnell kamen wir mit ein paar Leuten ins Gespräch. Doch die Bierpreise schlugen heftig ins Kontor. Nach zwei Runden Kilkenny war die Geldbörse schon leer. Eine glückliche Fügung sollte den weiteren Abend retten.
Im Pub hielten sich auch zahlreiche Personen mit Eishockeytrikot-ähnlichen Pullovern auf. Diese entpuppten sich als kanadische Eishockeyeltern und wir freundeten uns schnell an. Ihre Kinder hatten am Nachmittag ein Freundschaftsspiel gegen die Frankfurter Nachwuchslöwen absolviert und die Gruppe wollte einige Tage später zu einem Turnier nach Russland weitereisen. Vorher stand aber noch der Besuch des Spiels unserer Saale Bulls gegen die großen Löwen auf dem Reiseplan. Die Partygruppe bestand aus ca. 20 Personen, doch in regelmäßigen Abständen wurden 25er Runden Heineken geordert. Dadurch kamen auch wir ins Spiel und konnten weit über das finanzielle Limit hinaus trinken. Dafür erbarmte ich mich auch und half bei einer Runde Jägermeister, für die sich nicht genug Abnehmer fanden.
Der Zufall wollte es, dass ein gewisser Trevor Erhardt auch zur Gruppe gehörte. Dieser ist Frankfurter Eishockeylegende und hat in den 90ern über 500 Tore für die Löwen erzielt. Er hatte auch das Spiel der Nachwuchsmannschaften organisiert. Kurzerhand schnappten wir uns den Löwen und zwangen ihn auf das nebenstehende Bild. Unsere Saale-Bulls-Schals passten ihm dabei nur bedingt. Irgendwann war es dann Zeit für den Heimweg. Nachts ist die Skyline von Frankfurt wirklich imposant. Der Einfluss von ein oder zwei Getränken verstärkt diesen Eindruck noch.
Der Sonntag war zunächst geprägt von Überlegungen, welche alternativen Heimfahrmöglichkeiten es denn gäbe. In der Heimat sorgte ein Schneesturm für mehr als 30 Zentimeter Neuschnee und die Ankunft des Fanbusses, der uns dann nach Hause bringen sollte, war zu diesem Zeitpunkt mehr als fraglich. Doch irgendwann erfuhren wir, das der Bus auf dem Weg war und auch ankommen würde. Am Nachmittag stieß Maxi wieder zu uns und gemeinsam machten wir uns auf den Weg zur Eissporthalle. Dort angekommen, kamen uns zahlreiche Gestalten mit äußerst merkwürdigen Frisuren entgegen. Dabei handelte es sich jedoch nur um Saale-Bulls-Fans, die dem haarigen Motto gefolgt waren. Schon beim Warten auf den Einlass sorgten wir für ein erstes akkustisches Achtungszeichen.
Die Frankfurter begrüßten uns freundlich und waren durchaus in Erzähllaune. Ein Kollege mit seinem schicken Rosa-Weiß-Türkisen Trikot war ganz aufgeregt, als er uns erzählte, dass Trevor Erhardt heute in der Halle sei. Er warte seit 20 Jahren auf ein Autogramm der Legende und wolle dies nun endlich nachholen. Ich entgegnete trocken, dass wir gestern mit eben jenem Trevor Erhardt in der Kneipe waren. Der Bildbeweis verstörte ihn sichtlich. Die Halle war eine dieser modernen und gefiel deshalb auch Maxi. Dort wird gut geheizt und es gibt bei weitem nicht nur Bratwurdt und Bier, sondern diverse kulinarische Köstlichkeiten. Mir wurde es bald zu warm und daran hatte die Mannschaft erheblichen Anteil. Aber auch unser Support.
Nach einer herben Klatsche zwei Tage zuvor zeigten die Saale Bulls eine beeindruckende Leistung. Das erste Drittel gewann Halle. Im zweiten Drittel glich Frankfurt aus. Weniger als eine Minute vor Spielende ging Frankfurt in Führung, doch Halle schaffte nur Sekunden später den Ausgleich. Die pure Eskalation. Am Ende unterlagen die Bulls den Löwen mit 3:2 nach Verlängerung, doch die Fans feierten die Mannschaft noch lange nach Spielende. Damit krönten wir einen wirklich faszinierenden Auftritt. Über 60 Minuten hatten wir das Team laut und konstant unterstützt. Einen derart geschlossenen Support habe ich beim Eishockey noch nicht erlebt. Auf dem Video kann man das Ganze noch einmal nachempfinden. Ohne jeden Zweifel der Saisonhöhepunkt 2012/13.
Unsere kanadischen Freunde saßen im Block direkt neben uns und auch sie waren von unserem Auftritt begeistert. Ihre Kids kamen nach dem Spiel sogar noch in unseren Block, um ein wenig mitzufeiern. Nun kennt man die Saale Bulls auch in Kanada. Die Heimfahrt verlief entspannt, wobei das ein oder andere Hasenbrötchen wieder und wieder durchgekaut wurde.
No comments:
Post a Comment