Die Entfernung und die befürchtete Witterung hatten den Entschluss der Bahnreise schon vor Wochen quasi im Alleingang gefällt. Planungsunsicherheit und die Möglichkeit der Nahverkehrsnutzung ließen uns zudem auf die Ländertickets bauen. Je ein Sachsen-Anhalt-Ticket und ein Niedersachsenticket für Hin- und Rückfahrt, reichlich Pufferzeit (bei einer Reisezeit von 4 Stunden hatten wir weitere 4,5 Stunden Luft), nur ein Umstieg und ein stündlich fahrender Anschlusszug – was sollte da schon schief gehen?
Alles wäre um ein Haar schief gegangen. Bis in die sogenannte Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts verlief die Reise entspannt. Der Zug sammelte lächerliche zwölf Minuten Verspätung ein und fuhr nach einer kurzen Pause weiter. Uelzen war das Ziel. Doch dann offenbarte die sogenannte Hauptstadt einmal mehr ihr schlechtes Charma. 500 Meter hinter dem Bahnhof riss plötzlich ein Bremsschlauch. „Sehr geehrte Reisende, aufgrund einer technischen Störung verzögert sich unsere Weiterfahrt um unbestimmte Zeit“. Weltklasse. Der Zug ließ sich aufgrund der gerissenen Bremse weder vor noch zurück bewegen. Und er befand sich leider auch einen Tick zu weit vom Gleis weg, als das wir hätten aussteigen können.
Da hieß es erst mal Brötchen mampfen und wir hatten ja noch genug Puffer. Die Hoffnung lag auf dem zwei Stunden später fahrenden Zug in die gleiche Richtung. Die Zeit verging und der entscheidende Zeitpunkt ging vorüber. Der zweite Zug war nun also auch weg. Kurz darauf wurden wir immerhin in den Bahnhof zurück geschleppt. Der dritt- und letztmögliche Zug wäre mit Umstieg 18.01 in Hamburg gewesen. Doch an pünktlich war an diesem Tag nicht zu denken. Schließlich drohte irgendwo auf der Strecke noch ein Schienenersatzverkehr. Der Vorstellungsbeginn sollte schon 18.30 sein.
Ein paar kurze Nachfragen am Infopoint bestätigten, was mir ohnehin schon fast klar war. Auch über Alternativrouten wäre eine pünktliche Ankunft in Hamburg nicht mehr realistisch gewesen. Somit war die Reise und auch Welt quasi zu Ende. Das ist im Osten und grade in Magdeburg nichts ungewöhnliches, doch beim Anblick meiner tieftraurigen Freundin schon ziemlich ernüchternd.
Doch einfach Aufgeben ist meine Sache nicht. Noch gab es einen letzten Trumpf, ein Ass im Ärmel. Maxi hat Verwandte in MD und insbesondere ihr Onkel berichtet gerne und stolz von den tausendfachen Fähigkeiten seines BMWs. Der nächste (entscheidende) Anruf ging also in diese Richtung und diesmal hatten wir Glück. Besagter Onkel hatte noch nichts vor und stimmte spontan zu, uns zurück ins Rennen zu bringen. Kaum hatte ich aufgelegt, schon fuhr das Bat-Mobil vor. Gemeinsam einigten wir uns erneut auf Uelzen als Zwischenziel. Gezielte Recherchen ergaben, dass von dort aus noch mindestens zwei Züge fahren würden, die im Zeitlimit lagen. Ohne Vorkommnisse ereichten wir den schönen Hundertwasserbahnhof. Danke, danke, danke für die spontane Hilfe!!!
Als nächstes sollte ein IC Richtung HH fahren. Dies kostete entsprechend nur eine unbedeutende Summe extra. Doch da wir mit dem später folgenden Metronom erneut gescheitert wären, entschieden wir uns dafür. Unterwegs blieb der Zug stecken, wegen einer Weichenstörung. Hier verlor ich dann auch für einen kurzen Moment die Hoffnung. Doch gerade noch rechtzeitig ging es weiter. Statt 17.32 erreichte der IC 17.58 den Hamburger Hauptbahnhof.
Mit einem kurzen 400-m-Sprint sprangen wir direkt in die richtige U-Bahn. Haltestelle St. Pauli oder Feldstraße? Wir entschieden uns für letzteres. Leider wusste dort kein Mensch wo wir hinwollten. Doch am anderen Ende des Heiligengeistfeldes erspähten wir das Ziel. Zwischen uns lag nur noch das Feld und das Stadion einer Gruppe linksfaschistoider Hygienemuffel. Nach einem weiteren Sprint erreichten wir 18.22 die Eingangstür. Punkt 18.28 sahen wir erstmals unsere Plätze und ließen uns direkt nieder.
Die Mission war erfüllt, wir hatten es rechtzeitig zu Cat’s geschafft. Das Musical verging wie im Flug. Ich hatte kaum ausgeschwitzt, da war es schon vorbei. Aber den halben Liter Penny-Kakao, den es im Anschluss gab, den hatten wir uns verdient.
Fazit: Bahn fährt, wer trotzdem ankommt.
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